Statement STB-Präsident Markus Frank im Landtag

Auf Einladung des Ausschusses für Kultus, Jugend und Sport des Landtags Baden-Württemberg hat STB-Präsident Markus Frank ein Statement in der öffentlichen Anhörung zum Thema „Aufarbeitung der Vorwürfe über Missbrauch und Missstände am Bundesstützpunkt des Deutschen Turner-Bunds in Stuttgart“ gegeben.

 

Das Statement des STB-Präsidenten Markus Frank im Wortlaut

Sehr geehrte Frau Katrin Steinhülb-Joos, sehr geehrte Ministerin Theresa Schopper, sehr geehrte Damen und Herren!

Herzlichen Dank für die Einladung heute, die ich sehr gerne angenommen habe

Hier und heute persönlich Stellung zu beziehen, ist uns ein überragend wichtiges Anliegen.

Bevor ich meine Ausführungen beginne, lassen Sie mich drei Sätze zu meiner Person sagen. Ich war in der Jugend selbst - ein zugegebenermaßen talentbefreiter - Turner,
war dann Übungsleiter und Trainer einer Jugendmannschaft und bin seit 35 Jahren ehrenamtlich in der Turnerei engagiert. Aus meinem beruflichen Kontext bringe ich Erfahrung aus 25 Jahren Führung im C-Level bei einem Sportartikel-Ausstatter mit.

Meine Frau ist Trainerin seit über 20 Jahren im wettkampforientierten Gerätturnen mit jugendlichen Mädchen in unserem Heimatverein. Unsere beiden Kinder sind national und international im Leistungssport erfolgreich gewesen und ich glaube behaupten zu dürfen, den Sport und das Turnen aus allen Facetten zu kennen, die ich auch im heutigen Thema als essenziell erachte: die Facette Sportler, Eltern, Trainer und meine heutige Rolle als Funktionär.

Mir fällt es als Mensch persönlich sehr schwer, über das zu sprechen, was unseren Sportlerinnen widerfahren ist und meine persönlichen Gefühle dazu sind nicht in Worte zu fassen. Mit tut es einfach nur Leid, was passiert ist.

In den vergangenen Wochen und Monaten ist für uns deutlich geworden, wie schwierig es ist, in der aktuellen Situation die richtigen Worte zu finden, um zu verdeutlichen, dass der Schwäbische Turnerverbund alles dafür tut, um in der Öffentlichkeit wieder als vertrauensvoller Partner im Olympischen Spitzensport wahrgenommen zu werden. Umso mehr hoffe ich, dass ich mit meinen heutigen Ausführungen eine Basis schaffen kann, das in uns, in den Schwäbischen Turnerbund, verloren gegangene Vertrauen möglichst wieder aufbauen zu können.

Die in den vergangenen Wochen und Monaten an uns herangetragenen Schilderungen von einigen Turnerinnen des Kunst-Turn-Forums bestürzen uns zutiefst, machen mich persönlich regelrecht fassungslos. Und wir stehen ohne jede Diskussion an der Seite dieser Turnerinnen und Turner. Auch wenn die Untersuchungen noch nicht abgeschlossen sind, zeigt sich jetzt schon sehr deutlich: Im olympischen Gerätturnen und auch am Kunst-Turn-Forum sind in den vergangenen Jahren einige Dinge gehörig schief gelaufen.

Für mich stellt sich die Frage: Wie kann man in der heutigen Zeit auf die Idee kommen, dass man mit Stress und psychischem oder gar körperlichem Druck am Ende ein besseres und nachhaltigeres Ergebnis erreicht als im Miteinander? Insofern ist es für mich absolut unverständlich, dass dies nach den Schilderungen einiger Turnerinnen in der Vergangenheit in unserem Kunst-Turn-Forum teilweise anders gelebt worden sein muss.

Die Erfahrungen, die einige unserer Turnerinnen offensichtlich machen mussten, bedauern wir zutiefst.

Welche Verfehlungen es genau gegeben hat, ist Gegenstand der derzeitigen Aufarbeitung. Auch wem persönliche Vorwürfe zu machen sind, gilt es noch zu ermitteln.

Fest steht; Der Schwäbischen Turnerbund stellt sich seiner Verantwortung.

Ungeachtet dessen werden wir den Sportlerinnen eine persönliche Entschuldigung als Organisation STB anbieten, die wir aus Respekt gerne persönlich, nach Aufarbeitung aller Vorwürfe terminieren, um nicht vorab und pauschaliert hier eine Entschuldigung auszusprechen.

Der möglicherweise entstandene Eindruck, dass wir in den vergangenen Wochen und Monaten nicht ausreichend tätig geworden sind, trügt. Dieser Eindruck ist falsch und gegenteilige Behauptungen  treffen uns sehr. Die Fragen, die uns erreicht haben, haben wir, sofern rechtlich möglich, umgehend beantwortet. Das gilt nicht nur für die die Turnerinnen und Turner, sondern auch für die Medien und für alle unsere Partner. Wir sind dabei aber immer an die Einhaltung rechtlicher Vorgaben gehalten, insbesondere setzt uns das Persönlichkeitsrecht der jeweils betroffenen Personen enge Grenze. Daher dürfen wir leider schlicht vieles in der Öffentlichkeit nicht kommunizieren, was intern unternommen wird. Wir würden auch gerne wieder in einen engeren Austausch mit unseren Turnerinnen und Turnern gehen. Aufgrund der staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen müssen wir uns allerdings derzeit zurückhalten, was wir natürlich respektieren.

Wir haben schon im vergangenen Jahr, lange bevor das Thema des Umgangs mit Turnerinnen und Turnern überhaupt öffentlich diskutiert wurde, Maßnahmen in die Wege geleitet, um Verbesserungen herbei zu führen. Aber auch hier gilt es, die Persönlichkeitsrechte betroffener Personen zu wahren. Daher bitte ich um Verständnis, dass wir bis heute nur bestätigen können, dass wir bereits vor Weihnachten dauerhafte personelle Maßnahmen getroffen haben. Die Botschaft hinter dieser juristisch geprägten Aussage dürfte ja aber jedem klar sein. Wir akzeptieren Verhaltensweisen von STB-Mitarbeitenden, wie sie aufgrund der Schilderungen der Turnerinnen in Rede stehen, nicht und ziehen Konsequenzen. So werden wir auch in Zukunft handeln.

Das Wohl der Turnerinnen und Turner steht für uns über allem!

Wichtig ist uns zudem, die im Raum stehenden Vorwürfe noch einmal örtlich und zeitlich einzuordnen.

Uns sind bisher Vorwürfe von 19 Turnerinnen vom Bundesstützpunkt in Stuttgart bekannt.

Einige Turnerinnen, die sich in den vergangenen Monaten öffentlich geäußert haben, stehen nicht in Verbindung mit dem Standort Stuttgart.

Von den Fällen, die den Bundesstützpunkt Stuttgart betreffen, bezieht sich der Großteil auf die Zeit vor April 2021. Teilweise liegen die vorgeworfenen Sachverhalte mehr als zehn Jahre zurück. Zu dieser Zeit gab es großteils andere Strukturen, andere Personen waren in der Verantwortung. Zudem haben wir seit April 2021, das war der Zeitpunkt, von Tabea Alts Brief, sehr viel in unserem System und die organisatorischen Strukturen angepasst bzw. verändert.

Und trotzdem haben uns vor nicht allzu langer Zeit erneut Vorwürfe von drei Personen erreicht.Bis zu diesem Zeitpunkt sind wir davon ausgegangen, dass durch die ab 2021 ergriffenen Maßnahmen Erfahrungen, wie sie zum Beispiel Tabea Alt in ihrer Karriere erleben musste, unmöglich gemacht wurden.

Tatsächlich unterscheiden sich die Vorwürfe, die uns jetzt erreicht haben, von denen aus der Vergangenheit. Aktuell geht es hauptsächlich um mögliche verbale Gewalt, ohne, dass ich diese entschuldigen wollen würde. Und natürlich ist uns auch klar, dass derartige Entgleisungen zu psychischem Druck führen und psychischen Folgen haben können. Auch dieses  Verhalten darf keinen Platz in unseren Turnhallen haben. Aufgrund der jüngsten Meldungen und Veröffentlichungen von Turnerinnen müssen wir daher die Wirksamkeit und den Erfolg der bislang eingeleiteten Maßnahmen erneut auf den Prüfstand stellen – und zwar sehr kritisch.  

Wir begrüßen daher ausdrücklich die Vorermittlungen der Staatsanwaltschaft und ihre Überprüfung des Sachverhalts.

Daneben werden die Vorgänge auch von uns intern aufgearbeitet. Hier richten wir uns nach den Vorgaben der Behörden, des Ministeriums und des Landessportverbands BW  - nur so ist aus unserer Sicht möglich, Vertrauen wieder aufzubauen.

Das Ziel dieser Aufarbeitung muss es sein, die Schwachstellen auszumachen und sie zu korrigieren– falls nötig, auch mit weiteren Konsequenzen. Uns ist dabei wichtig, dass die Untersuchungen so gründlich und so schnell wie möglich vorangehen, um dann eine Kultur des Hinsehens im STB zu fördern

Der Fakt, dass wir mit diesem Schritt zunächst abwarten mussten, hat uns sehr belastet. Schließlich war auch einer der wesentlichen Vorwürfe, dass wir nicht schnell genug gehandelt haben.

Die Erwartung, dass wir schnell und umgehend die Aufarbeitung abschließen, ist uns bewusst. Seien Sie gewiss, dass das auch in unserem Interesse ist.

Für uns steht fest, dass sich die von den Turnerinnen beschriebenen Erfahrungen nicht wiederholen dürfen; sie sind schlicht nicht zu akzeptieren. Wir sind zugleich fest davon überzeugt, dass humaner Höchstleistungssport möglich ist und man trotzdem international konkurrenzfähig sein kann. Die Verpflichtung von Aimee Boorman, die für ihren modernen Führungsstil bekannt ist, als neue Trainerin am Kunst-Turn-Forum gibt unsere zukünftige Marschrichtung vor. Wir wollen, dass alle Turnerinnen und Turner nach ihrer Karriere an STB-Stützpunkten zufrieden zurückblicken und nicht nur sportlich viel gelernt haben, sondern auch für ihren weiteren Lebensweg. Wir bekennen uns ausdrücklich auch weiter zum Olympischen Spitzensport und versprechen alles in unserer Macht Stehende zu tun, um das in uns verlorene Vertrauen wieder herzustellen.

Die gesamte Anhörung gibt es auf der Landtags-Website.

Noch Fragen? Hier geht es zu unserer FAQ-Seite.

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